Ehrenbürgerin und Ehrenbürger
Gemeinden und Städte haben verschiedene Möglichkeiten, besonders herausragende Leistungen einzelner Bürger für das Gemeinwesen zu würdigen. Die höchste Auszeichnung, die eine Kommune hierbei verleihen kann, ist die Ehrenbürgerwürde. Dies sind die Ehrenbürgerin und Ehrenbürger der Stadt Göppingen.
Inge Auerbacher
Inge Auerbacher kam am 31. Dezember 1934 im badischen Kippenheim zur Welt. Die Familie kehrte 1939 zu den Großeltern nach Jebenhausen zurück, wo die Familie Lauchheimer seit 1777 lebte. Zuletzt wohnte die Familie zwangsweise in einem sogenannten Judenhaus in der Göppinger Metzgerstraße. Von dort wurde Inge Auerbacher im August 1942 als siebenjähriges Mädchen mit ihren Eltern in das KZ Theresienstadt deportiert. Inge Auerbacher hatte das Glück, das Lager zu überleben und gehört zu den nur noch wenigen Überlebenden der ehemaligen Jüdischen Gemeinde Göppingen. Heute lebt die 86-jährige Inge Auerbacher in New York.
Mit ihrem Wirken hat sich Inge Auerbacher einen Namen als Botschafterin der Versöhnung, Toleranz und Menschlichkeit gemacht. Für ihre Arbeit erhielt sie bereits mehrere Auszeichnungen: die Ellis Island Medal of Honour (1999), den Louis E. Yavner Citizen Award (1999), die Ehrendoktorwürde Doctor of Humane Letters honoris causa der Long Island University Brooklyn (2005). Ihr Geburtsort Kippenheim lobte den Inge-Auerbacher-Preis aus, der an Studenten und Institutionen vergeben wird, die sich für Toleranz und Menschenrechte einsetzen. Sie wurde mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg und dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt; außerdem erhielt sie 2013 die Ehrenplakette der Stadt Göppingen.
Hans Haller
Oberbürgermeister Hans Haller war ein Mann des Ausgleichs, nicht nur zwischen Baden und Württemberg, sondern auch zwischen den Opfern des Holocaust und den Göppinger/-innen sowie zwischen den unterschiedlichen Interessen innerhalb der Stadt. Von der Errichtung der Göppinger Außenstelle der Esslinger (Fach-)Hochschule sowie vom Kauf der ehemaligen Cooke Barracks und des Bürgerhölzles profitiert die Hohenstaufenstadt bis heute.
In Hallers Amtszeit fallen auch der Bau der Grundschule im Reusch, also der heutigen Janusz-Korczak-Schule, der Neubau der Pestalozzi-Schule sowie die Entscheidung für die Erweiterung des Freihof-Gymnasiums. Das Kulturleben erlebte unter seiner Ägide einen Quantensprung: Einweihung Kulturhaus Illig; Eröffnung städtische Galerie, heute Kunsthalle Göppingen; Umbau Altes E-Werk zum Kulturzentrum und die Einweihung des Jüdischen Museums.
Aber auch der Göppinger Jugendgemeinderat verdankt seine Existenz der Initiative Hallers. Das ‚100-Millionen-D-Mark-Projekt‘ Ausbau der Kläranlage und die Durchgrünung der Stadtquartiere seien als Beispiele für das nachhaltige umweltpolitische Wirken Hans Hallers angeführt. 1985 stiftete die Stadt zudem einen Umweltschutzpreis als Anregung für Schulklassen, Bürgergruppen und Einzelpersonen. Aber auch persönlich lebte Hans Haller Umweltbewusstsein vor. So kam er häufig zu Fuß ins Rathaus; Spaziergänge waren ihm kein Übel, im Gegenteil. Hans Haller war und ist zudem Märklin-Freund und Eisenbahn-Freak. Auch deshalb knüpfte er mit Hartnäckigkeit und Fingerspitzengefühl die Verbindung in die thüringische Spielzeugmetropole Sonneberg – eine Verbindung, die über die offizielle, 1990 geschlossene Städtepartnerschaft hinaus, längst zu einer tiefen Freundschaft geworden ist.
Dr. Heinrich Zeller
Dr. Zeller war ehrenamtlicher Heimarzt im Seniorenzentrum St. Martinus tätig, wo er selbst den Notdienst übernahm. Auch als Gründungs- und Vorstandsmitglied der Stiftung St. Stephanus war er stets aktiv. Doch besonders die Entwicklung der Jugend und der Gemeinschaft lagen ihm am Herzen. So war er 15 Jahre lang Jugendleiter bei FrischAuf Göppingen und Vorsitzender im Förderverein der FrischAuf-Jugend. Unter seiner Regie wurde das FrischAuf-Stadion, das neue Vereinsheim, die Tennis- und die Judohalle gebaut. Doch sein Engagement im Sport ging weit darüber hinaus: So war er auf Kreisebene Mitglied im Kreisvorstand der Deutsch-Olympischen Gesellschaft, auf Landesebene Mitglied im Landesvorstand der Württembergischen Sportjugend und auf Bundesebene Bundesjugendwart der deutschen Handball-Nationalmannschaft.
Nicht nur dem Sport, sondern auch den Lions und der Völkerverständigung galt sein ehrenamtliches Handeln. So gehörte er bei den Göppinger Lions zu den Gründungsmitliedern, wie er auch Mitglied im Deutsch-Amerikanischen Ausschuss war.
Dr. Herbert König
Als Regierungsrat und Stellvertreter des Landrats schaffte Dr. König 1954 den Sprung ins Göppinger Rathaus. Zu den hervorhebenden Leistungen seiner Amtszeit gehören in erster Linie der Ausbau der Schul,- Sport- und Kulturstätten. Gleich zu Amtsbeginn konnte er 1955 die neue Stadthalle einweihen, 1964 folgte das neue Hallenbad, drei Jahre später die Hohenstaufenhalle. Im Stadtbild setzten Allianz- und Panoramahochhaus sowie das Staufen-Center neue Akzente. Der Schaffung weiterer Wohnungen diente die Entwicklung Ursenwangs. In die Amtszeit von Dr. König fiel die Verwaltungs- und Gebietsreform, in deren Gefolge Bartenbach, Bezgenriet, Hohenstaufen, Maitis und Lenglingen sowie zuletzt Faurndau nach Göppingen eingemeindet wurden.
Eine besondere Aufmerksamkeit widmete er der Erforschung und Vermittlung der Stadtgeschichte und der staufischen Vergangenheit Göppingens. So gab er den Impuls zur Neubelebung des Göppinger Maientags. 1971 wurden die Städtepartnerschaften mit Foggia und Klosterneuburg geschlossen, während die Übernahme einer Patenschaft für die Vertriebenen aus dem Schönhengstgau schon 1955 erfolgte.
Dr. Alfred Schwab
1946 wurde Dr. Schwab zum Bürgermeister gewählt und danach drei weitere Mal in diesem Amt bestätigt. Zu seinen Geschäftsbereichen gehörte das Resort "Soziales und Kultur", wo er deutlich Akzente setzte. So rief er die "Gemeinnützige Wohnungshilfe Göppingen" ins Leben, die an die bürgerliche Solidarität bei der Bekämpfung der Wohnungsnot appellierte. In besonderer Weise setzte er sich für den Auf- und Ausbau der Mütterschule, dem späteren Haus der Familie, und den Bau von Pflege- und Altenheimen ein. Im Kulturbereich ist mit seinem Namen die Schaffung eines städtischen Kulturamtes mit Zuständigkeit für die Volkshochschule, die hauptamtliche Besetzung des Archivs und die Entwicklung der Stadthalle.
Christian Eberhard
Als ein Mann der Stunde Null, in der es darum ging einen demokratischen Neuanfang nach 1945 zu meistern, wurde Christian Eberhard als einzigstes Nicht-Parteimitglied der Stadtverwaltung vom alliierten Militärkommandanten zum Kommissarischen Bürgermeister ernannt. Dabei stand er vor großen Aufgaben, musste doch zunächst die Wasser,- Gas- und Stromversorgung im kriegszerstörten Göppingen wiederhergestellt werden. Auch die mangelhafte Ernährungslage und die durch den Luftangriff hervorgerufenen Wohnungsnot waren ein Problem. Sie und die Lebensmittelverknappung wurden durch die Aufnahme von rund 2.000 Evakuierten und die Zuwanderung von rund 12.000 Vertriebenen und Flüchtlingen verschlimmert.
Als Eberhard 1954 in den Ruhestand trat, konnte er auf eine erfolgreiche Aufbauleistung zurückblicken: Die Wohnungs- und Schulraumnot waren weitgehend beseitigt, und auch der kulturelle Sektor blühte durch die Eröffnung des "Storchen" und der Volkshochschule neu auf.
Gottlob Friedrich Allinger
Gottlob Friedrich Allinger übernahm nach dem Tod seines Vorgängers Christian Seefrid das Amt des Schultheißes. Längst war eine Zeit des Umbruchs angebrochen, als durch den Eisenbahnanschluss und die zahlreichen Fabrikgründungen die Weichen zur Industriestadt gestellt wurden. Damals schnellte die Einwohnerzahl Göppingens von 10.000 im Jahre 1880 auf über 20.000 um die Jahrhundertwende. So musste Allinger vor allem die Infrastruktur der Stadt voranbringen, wozu auch der Bau einer zentralen Wasserversorgungsanklage gehörte. 1900 wurde das Elektrizitätswerk eröffnet und 1903 das Gaswerk in städtischer Regie übernommen. In seine Amtszeit fiel zudem die Erschließung neuer Wohngebiete, hier vor allem nördlich der Altstadt zwischen Burg- und Nördlicher Ringstraße, und die Anlage des neuen Friedhofs an der Hohenstaufenstraße. Auch den Erwerb des Oberholzes als städtisches Naherholungsgebiet konnte er gegen Ende seiner Amtszeit noch verwirklichen.
Christian Rudolf Beckh
Am 25. August 1881 beschloss der Gemeinderat das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, da "der Jubilar seine bekannte Mildthätigkeit in so mannigfacher Weise auch hiesigen öffentlichen Anstalten und vielen Privatpersonen habe zu Theil werden lassen." So hatte Beckh u.a. für seine Arbeiter eine Fabrik- und Unterstützungskasse errichtet, er ließ Arbeiterwohnungen bauen und übergab leitenden Angestellten seiner Papierfabrik in Faurndau Geldgeschenke aus erwirtschafteten Gewinnen. Zudem förderte er die Verschönerung der Stiftskirche sowie die Verbesserung des Schulwesens in seiner Heimatgemeinde. In Faurndau erinnert noch heute die Beckhstraße an die große Unternehmerpersönlichkeit.
Christian Seefrid
Als Verfechter demokratischer Ideen verband Seefrid eine enge Freundschaft zu Johannes Betz. Am 26. März 1848 rief er als Abgeordneter zu einer großen Volksversammlung auf, die mehrere Tausend Leute auf den Göppinger Marktplatz strömen ließ. Ziel war die Gründung von sogenannten Vaterländischen Vereinen, die sich aller Fragen des Volkes betreffend, widmen sollten. Aus diesen Vereinen entstand schließlich die Volkspartei, sodass die liberale Bewegung in Württemberg von Göppinger Boden ausging.
Seefrid vertrat den Bezirk Göppingen auch als Abgeordneter im Landtag, bevor er 1858 zum Schultheiß von Göppingen wurde, ein Amt, das er bis zu seinem Tode am 3. Oktober 1881 inne hatte. Im Wohngebiet Hailing ist eine Straße nach ihm benannt.
Johann Friedrich Rumpp
Der Gemeinderat nahm die 40-jährige Amtszeit des Reallehrers für die Auszeichnung zum Anlass. Auf diese Weise wurde Rumpps Verdienste im Aufbau und der Fortentwicklung eines neuen Schultyps ausgezeichnet.
Zugleich ging von ihm der Anstoss zur Gründung eines Gesangvereins aus. So rief er 1826 den Liederkranz ins Leben, der eine neue Art des Unterhaltungs- und Freizeitvereins darstellte. Bis 1840 war er der erste Dirigent dieses Göppinger Liederkranzes.
Johannes Betz
Als Schulmeister war Johannes Betz außerordentlich beliebt. Über 53 Jahre unterrichtete er an der Göppinger Knabenschule, sodass ihm zum 44. Dienstjubiläum die Ehrenbürgerwürde verliehen wurde.
Daneben interessierte er sich stark für die neuen gesellschaftlichen Ideale der Französischen Revolution, die für ihn einig Vaterland, Freiheit und Demokratie bedeuteten. So überraschte es nicht, dass er als Wortführer der 1848er Demokratiebewegung agierte, und die Zurückdrängung der März-Errungenschaften mit Entsetzen verfolgte. Die Betzstraße im Südosten Göppingens hält die Erinnerung an den aufrechten Demokraten im Alltag lebendig.
Dr. Friedrich von Hartmann
Als "Stadt- und Amts-Practikus" arbeitete Dr. Hartmann seit 1792 als Arzt in Göppingen. Bereits kurze Zeit später hatte er seine größte Bewährungsprobe zu überstehen, als russische Kriegsgefangene eine Typhusepidemie nach Göppingen einschleppten und der mehrere hundert russische Soldaten zum Opfer fielen.
In der Folgezeit wurde er zum Vorkämpfer für die Errichtung eines Krankenhauses, das schließlich 1829 eröffnete. Doch nicht nur als Mediziner, sondern auch als Naturforscher machte sich Dr. Hartmann einen Namen. Seine Fossilienfunde gelangten u.a. in die wissenschaftlichen Sammlungen der Universitäten von London, Leyden und Tübingen sowie ins Naturalienkabinett in Stuttgart. So sind nach ihm gleich zwei Versteinerungen benannt; die Steckmuschel Pinna hartmanni und der Krebs Proeryon hartmanni.