Geschichte
Jahrhundertelang bestatteten die Göppinger ihre Verstorbenen auf dem Friedhof bei der Oberhofenkirche. Als mit der Industrialisierung die Einwohnerzahl rasch zunahm, wurde der alte Gottesacker bald zu klein. Erstmals diskutierte der Gemeinderat 1887 über eine Lösung des Problems. Am Ende stand die Entscheidung für die Neuanlage eines Friedhofs außerhalb des Stadtgebiets an der Straße nach Hohenstaufen. Auf Initiative der Israelitischen Gemeinde Göppingens wurde auf dem Friedhof eine Abteilung geschaffen, in der Verstorbene jüdischen Glaubens ihre ungestörte letzte Ruhe finden konnten.
Am 4. April 1903 wurde der neue Gesamtfriedhof eingeweiht. Die Feier war ein Abbild konfessioneller Eintracht: Der evangelische Dekan hielt die Weiherede, der katholische Stadtpfarrer sprach das Gebet und der Rabbiner gab den Segen.
Ein besonderes Schmuckstück der parkartig konzipierten Anlage wurden die nach Plänen der Stuttgarter Architekten Eisenlohr und Weigle im neoromanischen Stil erstellten Gebäude - das Eingangsportal mit dem Friedhofswärterhaus, die Friedhofskapelle und das Leichenhaus. 1911 wurde der Gebäudegruppe ein Krematorium angefügt. Es zählt zu den früheren Krematoriumsbauten Deutschlands, maßgeblich auf dem Weg gebracht durch den 1894 in Göppingen gegründeten Verein für Feuerbestattung, der die Kremation als Kulturfortschritt im Bestattungswesen sah.
Wer heute über den Friedhof wandert, kann dort stadt- und kulturgeschichtliche Studien betreiben. Noch sind aus fast allen Epochen Grabmale erhalten: Man findet Monumente im Jugenstil ebenso wie Grabsteine im Stil der Neuen Sachlichkeit der 1920er Jahre.
Die Grabkapelle der Familie Seefrid, ein klassizistisches Mausoleum mit Säulenportikus von 1908, ist ebenso beeindruckend wie die weitläufig angelegten Grabstellen Göppinger Industriepioniere und erfolgreicher Unternehmer.
Auf dem Friedhof befinden sich auch Stätten des öffentlichen Gedenkens. 1930 wurde das Doppelkreuz vor dem sog. Ehrenfriedhof für die in einem Göppinger Lazarett verstorbenen Soldaten des Ersten Weltkriegs errichtet. An die gefallenen und in fremder Erde ruhenden Göppinger Soldaten erinnert die seitlich des Haupteingangs stehende pietàförmige Skulptur. Das von Jakob Wihelm Fehrle 1930 geschaffene Denkmal ließen die nationalsozialistischen Machthaber an seinem angestammten Platz beim Oberhofenfriedhof abbrechen und vor dem neuen Friedhof wieder aufstellen - in der Hoffnung es werde hier weniger Beachtung finden.
Auf dem Friedhofsgelände ist das Kriegsdenkmal des Bildhauers Eugen Schwab den Opfern des Zweiten Weltkriegs gewidmet. Der Gedenkstein ist Mittelpunkt eines mit einfachen Steinkreuzen gestalteten Gräberfeldes, auf dem u.a. auch die Opfer der Luftangriffe auf Göppingen vom März und April 1945 ruhen. Hier findet seit 1954 die zentrale Gedenkfeier am Volkstrauertag statt.
Ein 1953 von der Israelitischen Kultusvertretung Württemberg-Hohenzollern auf dem jüdischen Gräberfeld errichteter Gedenkstein erinnert an die im Holocaust ermordeten Mitglieder der Göppinger Gemeinde.